So helfen uns Wespen in der Schädlingsbekämpfung (19.05.2020 12:06:48)

Das Insektensterben ist ein trauriger Prozess, über den jeder von uns Bescheid wissen sollte. Innerhalb der letzten 20 Jahre sind teilweise mehr als 60 % aller Insektenarten verschwunden. Die Gründe dafür sind die Zerstörung von Lebensräumen, die zunehmende Umweltverschmutzung, die Urbanisierung und zu einem großen Teil der Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft.


Durch den zunehmenden Verlust der Heterogenität bzw. der vielfältigen Strukturen in der Landschaft und den Lebensräumen kommt es zu einem ökologischen Ungleichgewicht. Durch zunehmenden Schädlingsbefall wird der Einsatz von Pestiziden notwendig. Pestizide töten jedoch nicht nur Schädlinge, sondern auch eine ganze Reihe anderer Insekten. Dadurch wird dieses Ungleichgewicht noch größer. Das Verhältnis zwischen Räuber und Beutetiere ändert sich und die Lücke dazwischen wird größer. Fakt ist also, dass wir nicht weiter mit Gift durch die Gegend sprühen können, sondern gesunde Alternativen finden müssen.


Eine dieser Alternativen könnten soziale Wespen sein. Diese Tiere sind den meisten von uns als unangenehme, manchmal als aggressive und penetrante Gesellen bekannt, die uns beim Picknick stören und noch dazu zustechen, wenn man sich mit ihnen anlegt. Aber wie so ziemlich alles in der Natur haben sie auch ihre Vorteile, die wir leider nicht zu schätzen wissen. Nicht nur Bienen sind fleißig, sondern auch Wespen, wenn auch auf eine andere Art. Wie die Bienen sind sie wichtige Bestäuber im Ökosystem. Eine weitere wichtige Tätigkeit der Wespen ist ihre räuberische Lebensweise.


Erwachsene Wespen benötigen hauptsächlich Kohlenhydrate und ernähren sich deswegen von Nektar und anderen süßen Nahrungsmitteln. Ihre Larven benötigen hingegen ausreichend Proteine für das Wachstum. Diese Proteine gewinnen sie aus Fleisch. Die erwachsenen Wespen erbeuten eine Vielzahl von anderen Insekten, die sie anschließend verarbeiten und ihren Larven als Futter verabreichen. Unter diesen Insekten befinden sich hauptsächlich die pflanzenfressenden Raupen von verschiedenen Schmetterlingen. Wenn keine Raupen vorhanden sind, erbeuten sie auch andere Insekten, wie zum Beispiel Fliegen, Käfer, Läuse und sogar Stechmücken werden von Wespen gnadenlos zerstückelt. Hierbei möchte ich anmerken, dass Letztere wichtige Überträger von verschiedenen Krankheiten sind, die auch für den Menschen gefährlich werden können. In dieser Hinsicht tun die Wespen sogar etwas für unsere Gesundheit.


Die räuberische Lebensweise von Wespen könnte man sich in der Schädlingsbekämpfung zu Nutze machen. Wespen sind keine Spezialisten, sondern Generalisten. Das bedeutet, sie kommen mit einer Vielzahl von Beutetieren zurecht. Auch diese Eigenschaft macht sie für den Einsatz in der Landwirtschaft zur Schädlingsbekämpfung sehr interessant. 


1999 wurden Versuche in Brasilien gemacht, bei denen man Wespen an kleinen Farmen angesiedelt hat. Innerhalb einer Vegetationsperiode haben die Wespen den dort wichtigsten Schädling um über 70 % reduziert. Ein weiterer häufig vorhandener Schädling wurde sogar um 80 % reduziert. Die Produktivität der Farm wurde um über 15 % gesteigert. In anderen Versuchen zeigte sich, dass in urbanen Gärten (also in Gärten innerhalb einer Stadt) die Beute der Wespen zu mehr als 26 % aus Mücken bestand.


Den meisten Arten bewegen sich innerhalb von einem Radius von 100-300 m. Ist eine Kolonie erstmal erfolgreich angesiedelt, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie über viele Jahre hinweg dortbleibt. In manchen Fällen ist es nicht ganz einfach, eine Kolonie von Wespen gezielt irgendwo anzusiedeln. Durch die Entwicklung von neuen Methoden könnte man dies allerdings leichter gestalten. Eine Lösung, die sich bis jetzt oft bewährt hat, ist die Erstellung von künstlichen Behausungen.


Der Einsatz von Wespen in der Landwirtschaft zur Schädlingsbekämpfung ist nicht nur eine umweltfreundliche, sondern auch eine ziemlich kostengünstige und trotzdem äußerst effiziente Alternative zum Einsatz von Pestiziden.


Landwirtschaft wird in der Natur betrieben. Wir sollten nicht gegen die Natur arbeiten, sondern lernen, sie zu verstehen und anschließend mit der Natur arbeiten bzw. die Natur für uns arbeiten lassen. Dafür ist es allerdings notwendig, dass wir uns von unseren herkömmlichen Maßnahmen loslösen, offen für neues werden, schonende und nachhaltige Methoden verwenden und vor allem lernen, wie ein Ökosystem funktioniert. Fachbereiche wie Ökologie, Zoologie, Mikrobiologie und Botanik sollten zur Grundausbildung für jeden Landwirt gehören (Prezoto et al. 2019).

 


Quelle

Prezoto, Fábio; Maciel, Tatiane Tagliati; Detoni, Mateus; Mayorquin, Angie Zuleidi; Barbosa, Bruno Corrêa (2019): Pest Control Potential of Social Wasps in Small Farms and Urban Gardens. In: Insects 10 (7).

 
 

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